Mut zur Kommunikation

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Falsche Gerüchte, gemeine Geschichte, erfundene „Tatsachen“, Verspottungen, Beschimpfungen oder Beleidigungen – in den Social Media stößt man sehr schnell auf Kommentare, die verletzen. Worte können das. Verletzende Worte fühlen sich wie ein tiefer Stich an, obwohl körperlich niemand berührt wurde. “Worte fügen dem Gegenüber zwar keine physischen Verletzungen zu, aber sie können durchaus als linguistisches Messer eingesetzt werden,” meinte Sybille Krämer, ehemalige Philosophin mit Schwerpunkt Sprache und Medien an der Freien Universität (FU) Berlin. “Sprache verletzt, indem sie unsere Rolle in der Gesellschaft in Frage stellt“. Dies fällt nicht mehr unter die „Meinungsäußerungsfreiheit“, sondern unter Hasspostings (Hate Speech, Hass im Netz). Hierbei werden Kommentare, aber auch Bilder und Videos gezielt so eingesetzt, um andere Menschen abzuwerten oder anzugreifen. Wobei diese Umgangsformen keineswegs eine Erfindung der digitalisierten Welt ist. Wir brauchen nur einmal den Blick auf Familien- und Scheidungsstreitigkeiten werfen: Da verlieren Partner oft die Nerven und die blanke Gier kommt zum Vorschein. Da werden Kinder als Faustpfand verwendet. Da ist der Nährboden aufbereitet, ein äußerst fruchtbarer Boden, für Gefühlsachterbahnen, Provokationen, Erpressung, Machtmissbrauch und Gier. Solch ein Boden gedeiht immer besonders gut dann, wenn Gespräche nicht zukunftsorientiert, sondern vergangenheitsorientiert verlaufen. „Sprachliche Verletzungen kommen überall da vor, wo Gefühle oder unklare Machtverhältnisse im Spiel sind“ erklärte Krämer.

So schwierig der Umgang mit starken Gefühlen sein mag, umso wichtiger ist eine klare Kommunikation. Doch diese erfordert Mut: Mut und einen Ort, in einer entspannten ruhigen Atmosphäre, um Verletzungen und Kränkungen aufarbeiten zu können. Solange dies nicht vorhanden ist, werden Probleme weiterhin nach außen verlagert – ins weltweite Netz, zum Rechtsanwalt oder vor Gericht. Wenn wir das Bewusstsein hätten, wie schnell Worte Träume, Beziehungen und Selbstbewusstsein zerstören können, gäbe es wohl einen Filter in unserer Kehle – und zusätzlich auf unserer Tastatur. 

Der Beitrag erschien im Magazin NOTOBENE Nr. 3/2021. 

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